Der eigentlich geplante Urlaub: gecancelt wegen Renovierungsarbeiten am Hotel. Die eigentlich geplante Urlaubsbegleitung: ausgefallen wegen Krankheit. Der Sommer: sieht erst mal aus wie ein Reinfall. Doch dann die spontane Idee: Machen wir einen Roadtrip! Eine Freundin hat auch Lust dazu. Ausgestattet mit einem Kleinwagen, Studentenbudget und der Lust auf Meer fahren wir beide los. Immer nach Westen, Richtung Atlantik. Ohne Plan, nur mit einem Autoatlas und zwei eilig aus der Stadtbibliothek ausgeliehenen Reiseführern geht es nach Frankreich.
Wir fahren durch Verdun, entdecken Kleinstadtschönheit jenseits von Geschichtsunterrichtserinnerungen. In Dieppe sind wir zum ersten Mal am Meer, schwimmen im kalten Atlantik, picknicken frierend aber gut gelaunt bei Sonnenuntergang am Strand und wärmen uns in einer Whirlpool-Badewanne wieder auf. Wir übernachten in einem alten Hostel, in einer skurrilen Pension mit Familienanschluss und hausgemachtem Frühstück, in einem winzigen Hotel mit bezaubernder Besitzerin, in einem Apartment mit Swimmingpool.
Étretat beeindruckt uns mit seinen Steilklippen, auf dem Pont de Normandie haben wir das Gefühl, mit dem Auto über dem Meer zu schweben. In Honfleur drehen wir eine Runde auf dem altmodischen Karussell vor der Stadt und fühlen uns wie vergnügte Kinder, als wir uns auf den Holzpferdchen auf und ab bewegen.
Wir kommen ins Gespräch mit Einheimischen und Touristen, bekommen gute Tipps für weitere Ziele, bessern unser Französisch auf und feilschen auf einem Nobel-Flohmarkt um ein rosafarbenes Lederkleid, das wir dann doch nicht kaufen. Cabourg, wohin wir nur wegen Prousts „Recherche à la temps perdu“ fahren wollten, beschert uns nicht nur den ersten Sandstrand des Urlaubs, sondern auch Köstlichkeiten wie „pepita“ genannte Schokoladen-Vanille-Gebäckteilchen. Dem herrlichen Wetter und dem schönen Strand geschuldet ist auch der ordentliche Sonnenbrand, den wir zwar schmerzhaft spüren, aber dennoch nicht bereuen.
In Rouen landen wir in einem merkwürdig mediterran gestalteten Hotel in einem Einkaufscenter. Der Cidre in der kleinen Crêperie um die Ecke wird in Tassen serviert, schmeckt aber dennoch lecker. Bei Tageslicht erkunden wir die Stadt der gefühlt tausend Kirchen, finden die Kathedrale von Rouen viel schöner als Notre Dame in Paris, stoßen auf eine inspirierende Kunstausstellung in einer Abtei und streifen neugierig über den Wochenmarkt, der uns mit seinen Gerüchen hungrig macht.
In Woippy, wo wir nur der Autobahnnähe wegen landen, finden wir uns unversehens auf einem Volksfest wieder, sind beeindruckt von den Line-Dance-Fähigkeiten der Woippyaner und trauen uns auch selbst zumindest für ein Lied auf die Tanzfläche. Zurück in Deutschland sind wir ein wenig betrübt, weil die Woche vorüber ist – doch eins ist klar: Auch im nächsten Jahr wird es wieder einen Roadtrip geben!