Von MietwagenCheck Community am 16. JULI 2018

Umwege erweitern den Horizont - ein Roadtrip mit dem Bus durch den Süden

Ausland | Roadtrip

E in Roadtrip mit dem Auto durch Italien und Frankreich - davon erzählt uns Julia aus der MietwagenCheck Community hier. Im Rahmen unseres diesjährigen Schreibwettbewerbs "Mein Text 2018" hat sie uns mit ihrer spannenden und lustigen Geschichte überzeugt und ist eine unserer drei Gewinner! Wie man lieber nicht nach Cinque Terre fährt und wer eigentlich Olaf ist - das alles gibt es hier zum nachlesen.

Aufbruch in Richtung Süden

Bus in Frankreich

Roadtrip mit "Olaf"

Vorab muss ich vielleicht sagen: Ich bin Studentin. Und ja, ich studiere auf der Sonnenseite, heißt übersetzt: ich hatte Zeit, im Sommer zwei Monate lang mit einem knallblauen Opel Vivaro Bus durch die Pampa zu fahren.

Der Vivaro gehört meinem Vater, der natürlich wenig begeistert davon war, dass seine gerademal neunzehnjährige Tochter vorhatte, 1. seinen Bus zu entführen, 2. damit sechstausend Kilometer zurückzulegen und 3., den Bus „Olaf“ zu nennen.

Die Tour begann dann erstmal auf dem kleinen Parkplatz vor dem Getränkemarkt, auf dem mein Vater mir zunächst beibringen musste, wie man mit Automatik fuhr. Das war einfacher als gedacht, und es war ein komplett neues Gefühl, so weit oben erhaben über den ganzen anderen Autofahrern zu sitzen.

Mit dem Bus durch Tirol

Der erste Stopp war Tirol. Um keine Mautgebühren zahlen zu müssen, umging ich die Autobahnen und tuckerte stattdessen mit Olaf über sich windende Straßen zwischen Apfelplantagen hindurch. Nächster Halt: Verona.

Nächster Halt: Verona

Gassen in Verona

Zwischenstopp in Verona

Ich war schon als Kind mit meinen Eltern in Verona. Es ist die Stadt, in der sich Romeo und Julia tragisch verliebt haben, und ich habe Verona zu meiner Lieblingsstadt in Italien erklärt. Sie ist auch einfach malerisch schön, die Arena, die Gassen, die Kellner, die dich mit Wein und Pasta in ihre Lokale locken. Olaf parkte ein Stück außerhalb und ich übernachtete in einem Hostel mitten in der Stadt, dessen Besitzerin ausgeflogen war.

David und Ramesh aus London und Diego aus Costa Rica hatten von diesem riesigen See in der Nähe gehört, den sie unbedingt einmal sehen wollten - also packten wir unsere Sachen in den Bus und fuhren nach Sirmione, David und Ramesh im Lieferraum, Diego auf dem Beifahrersitz. Am Abend hieß es Abschied nehmen, die Jungs nahmen den Zug zurück nach Verona und würden in ein paar Tagen zurück nach Hause fliegen. Ich fuhr erst einmal weiter nach Westen.

Autobus am Gardasee, Italien

Olaf am Gardasee

Unterwegs nach Portofino

Vom Gardasee über Mailand in Richtung Genua

Serpentinen am Gardasee in Richtung Mailand und Genua

Wenn man von Mailand aus Richtung Genua fährt und die Autobahn meidet, hat man das Gefühl, man wäre in den Bergen Südamerikas. Stundenlang geht es am türkisen Wasser eines Flusses entlang durch Serpentinen, ohne je einer Menschenseele zu begegnen.

Mein nächstes Ziel war Portofino, aber meine Orientierung war noch nie die Beste, und im Nachhinein ist das vielleicht auch ganz gut so. Umwege erweitern bekanntlich den Horizont. Ich fuhr nämlich direkt an Portofino vorbei.

Unverhofft kommt oft - Stopp in Cinque Terre

Von Genua nach Cinque Terre

Mit dem Bus unterwegs von Genua nach Cinque Terre

Auf meinem Navi hatte ich eine winzige kleine Stadt entdeckt, zu der keine Straße führte. Sie lag direkt am Meer und heute weiß ich, dass man Vernazza besser mit dem Zug oder dem Boot erreicht. Es reizte mich, dorthin zu kommen. Das Navi sagte, dass das nicht möglich war, aber was wusste das Navi schon. Im Nachhinein habe ich mich verflucht, und Olaf hat mich wohl gehasst, als ich ihn über abschüssige Schotterpisten lenkte.

Es dauerte bestimmt einen ganzen Tag, bis ich endlich auf einem großen Parkplatz landete, auf dem ein paar Camper parkten. Ich hatte keine Ahnung, dass ich auf dem Parkplatz die nächsten drei Tage verbringen würde.

Ich schnappte mir also meinen Rucksack und lief die letzten Kilometer bis zur Stadt, und was soll ich sagen? Es gab eine Fähre, die alle kleinen Städtchen Cinque Terres miteinander verband, damit sich die Leute nicht über die Schotterpisten quälen mussten. Hätte ich das mal eher gewusst.

Glück im Unglück: Rast bei Cinque Terre

Ich hatte mich schon darauf eingestellt, den Abend auf dem Parkplatz zu verbringen, und dort traf ich zufälligerweise eine Großfamilie aus Regensburg, die mit zwei riesengroßen Wohnmobilen gekommen war. Jedenfalls erzählten sie mir, dass vor ein paar Stunden ein Teil der Straße eingebrochen war. Allerdings ließen sie sich davon nicht beirren und luden mich auch noch gleich zum Abendessen ein. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich in diesen drei Tagen auf dem Parkplatz nicht verhungert bin.

Blick über den Nationalpark bei Cinque Terre

Cinque Terre Nationalpark

Das Städtchen Cinque Terre

Blick auf Cinque Terre

Seitdem bin ich der Überzeugung, dass man nirgends so gut vorbereitete und so hilfsbereite Menschen trifft wie auf Parkplätzen in italienischen Nationalparks. Aber vielleicht sollte man nicht mit dicken Lieferwägen nach Cinque Terre fahren.

Arrivederci Italien, Salut Frankreich!

Nach diesem ungeplanten Ausflug sehnte ich mich zurück nach ein bisschen Stadt, also düste ich als nächstes nach Nizza. Olaf ließ ich wieder ein Stück außerhalb stehen und übernachtete in einem tollen Hostel in der Nähe des Strandes. Am ersten Abend lernte ich so viele Leute kennen, dass wir anfingen, uns mit den Namen unserer Herkunftsländer anzureden. Und dann klapperten wir Bars ab, in dem Versuch, eine Bar für jedes Land zu finden - und endeten in einer australischen.

Gasse in der Altstadt von Nizza

Unterwegs in Nizza

Nach einer Woche fiel es mir gar nicht so leicht, die Stelle wiederzufinden, an der ich Olaf geparkt hatte. Zwei Stunden lang suchte ich also die Stadt nach meinem blauen Bus ab. Nächster Stopp: Grasse.

Zwischen Schokolade, Lavendel und Parfüm - auf nach Grasse

Ich lese gern und damals las ich gerade Das Parfum. Die Handlung spielt hauptsächlich in Grasse, einem kleinen Städtchen, und dort verbrachte ich einen Tag. Es riecht dort überall wahnsinnig gut, in einer Gasse nach dem Chocolatier, in der anderen nach Lavendel.

Auf meiner Tour bin ich noch über einige Besonderheiten gestolpert, die komplett den Rahmen sprengen würden. Ich übernachtete vier Tage an einem Canyon, fand einen völlig unbekannten und türkisgrünen See mitten im Nirgendwo.

Die Stadt Grasse in Frankreich

Blick über Grasse

Lavendelfelder

Lavendel in der Provence

Blick über den See in Frankreich

Lac du Saint-Croix

Ende gut - alles gut?

Klippen in Südfrankreich

Calanques Klippen bei Marseille

Die Reise nahm ihr Ende dann in Marseille.Als ich am Abend zurück auf den Parkplatz kam, hatte man mir ein Fenster eingeschlagen. Ich hatte noch Glück im Unglück: Es wurde nichts geklaut, auch das Navi war noch da. Ich sah das als Zeichen, nach Hause aufzubrechen.

Olaf hatte ohnehin keine Klimaanlage, deshalb störte mich der Zug nicht, aber als ich über den Serpapass der Schweiz zurück nach Deutschland fuhr, holte ich dann doch die Jacke aus dem Koffer.

Papa riss mir nicht den Kopf ab, als er Olaf sah. Und heute geht es dem Bus auch wieder gut. Seine Fenster sind wieder ganz und er steht brav am Hof meines Vaters. Vielleicht hat er jetzt genug von Abenteuern. Vielleicht freut er sich aber auch schon auf das Nächste.

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