Meine Mutter (63) und ich - Anna-Christin (29) - haben im Sommer 2016 einen Roadtrip durch die Toskana unternommen, der wirklich all unsere Erwartungen übertroffen hat.
Im Vorfeld hatten wir uns über die Toskana informiert und überlegt, welche Orte und Sehenswürdigkeiten wir unbedingt besuchen wollten. Eintrittskarten für einige Highlights, Mietwagen und Unterkünfte entlang unserer geplanten Reiseroute hatten wir auch gebucht.
Mit unserem Navi im Gepäck sind wir dann ganz früh morgens zunächst nach Mailand geflogen und haben dort unseren Mietwagen abgeholt. Wir waren super gelaunt und fuhren los. Erster geplanter Stopp: Mailand. Die Fahrt dorthin über die Autobahn sollte ohnehin nicht zu den Highlights unseres Trips zählen, aber als dann unser Navi ausging, weil die Stromversorgung des Zigarettenanzünders nicht funktionierte, war die Hochstimmung erst einmal ganz schnell verflogen. Der Trip hatte doch perfekt begonnen. Glücklicherweise sind wir ein eingespieltes und einfach gut zusammen passendes Reise-Team, sodass die „Zwangspause“ zwecks Reparatur des Autos die Stimmung nicht nachhaltig trübte. Wir hatten durch den Umweg Zeit verloren, aber als wir dann keine Stunde später vor dem Mailänder Dom standen und mit unseren im Voraus gebuchten Tickets an den langen Touristen-Schlangen vorbei zogen, war der ganze Ärger vollends vergessen. Der Besuch des Dachs des Doms sollte das erste Highlight unseres Roadtrips werden. Einfach überwältigend. Wir schlenderten noch durch die Galerie Vittorio Emanuele II und aßen unser erstes authentisches „gelato“, aber letztendlich sollte es ein Toskana-Roadtrip werden und so fuhren wir alsbald Richtung Süden. Unser Ziel: Viareggio.
Die Fahrt über Landstraßen der Abendsonne entgegen war traumhaft. Die Landschaft war noch nicht toskana-typisch, wie wir sie später erleben sollten, aber auch die bergige Landschaft war sehr reizvoll. Es war angenehm warm und so konnten wir die Fahrt richtig genießen, an schönen Stellen einfach am Straßenrand anhalten, die Aussicht genießen und Erinnerungsfotos schießen. Abends kamen wir dann in dem kleinen Badeort an, checkten im gebuchten B&B ein und erkundeten schließlich noch die Uferpromenade. Dort fand sich auch schnell ein nettes Restaurant, in dem wir zu Abend aßen.
Aussicht vom Torre Guinigi in Lucca
Am nächsten Morgen machten wir uns nach einem Frühstück in einem netten kleinen Café, das wir während unseres Abendspaziergangs am Vorabend entdeckt hatten, wieder auf den Weg. Ziel: Lucca. Wir parkten vor der Stadtmauer und begaben uns dann auf einen langen Spaziergang auf der baumbestandenen Stadtmauer. Die Aussicht - auf der einen Seite auf die Landschaft rings um die Stadt und auf der anderen Seite auf die mittelalterliche Stadt selbst – war überall toll. Irgendwo verließen wir dann die Stadtmauer und bewegten uns Richtung Stadtzentrum, wo wir die Aussicht von dem mit Steineichen bepflanzten Aussichtsturm Torre Giunigi genießen wollten. Es war auch nicht weniger schön als auf den Bildern, die wir zu Hause gesehen hatten. Ein toller Ausblick auf die Ziegeldächer der Stadt. Mittags ging es dann „back to the road“. Unser nächstes Ziel: Pisa.
Den schiefen Turm von Pisa wollten wir natürlich unbedingt sehen. Die Fahrt über Landstraßen dauerte nicht lange und der im Reiseführer ausgewiesene Parkplatz war wirklich nur wenige Meter vom Campo dei Miracoli entfernt. Von Innen sahen wir nur die Taufkapelle und hatten Glück, denn ein Chor ließ mystische Gesänge erklingen. Die übrigen Monumente besichtigten wir auf einem Spaziergang durch das Campo. In natura sieht der schiefe Turm viel beeindruckender aus als auf Bildern. Auch schimmerte der helle Stein des Turms wunderschön in der Sonne. Anschließend ließen wir uns noch ein wenig durch die Gassen der Stadt über eine der Brücken treiben, fanden eine tolle Eisdiele direkt am Arno und genossen den Ausblick.
Der Tag war noch jung und ein Blick in den Reiseführer ergab, dass das Castello Malaspina in Massa bis 23 Uhr besichtigt werden kann. Eigentlich hatten wir nicht vor, dorthin zu fahren, zu voll erschien uns während der Reiseplanung das Programm, aber dem Sinn und Zweck eines Roadtrips entsprechend, sich auch einmal einfach treiben zu lassen und spontan zu entscheiden, machten wir uns abends auf den Weg nach Massa.
Die Fahrt auf einsamer Landstraße war schön, ein laues Sommerlüftchen wehte, herrlich. Die Mühsal des Aufstiegs zum Castello wurde dann mit einem tollen Blick hinunter auf die Stadt und das Meer belohnt. Wir schauten zu, wie die Sonne über dem Meer unterging. Unbezahlbar. Nach dem Abstieg fanden wir dann eine kleine Trattoria ganz in der Nähe des Castello und aßen dort zu Abend, bevor wir uns auf den Rückweg nach Viareggio begaben.
Als nächstes stand Florenz auf unserer „to see“-Liste. Wir fuhren früh los und checkten zunächst in einem sich als Glücksgriff erweisenden B&B „Il Naif“ ein. Mit der Straßenbahn gelangten wir nach nur zehn Minuten Fahrt praktisch direkt vor die Cattedrale di Santa Maria del Fiore. Ein prächtiges Bauwerk, dessen Besichtigung wir gerne mehr Zeit gewidmet hätten. Allerdings hatten wir vor Reiseantritt Tickets für die Uffizien gebucht und mussten unser zugewiesenes Zeitfenster nutzen. Das überbordende Kunsterbe der Medici, darunter berühmte Werke von Da Vinci und Botticelli, brachten uns zum Staunen. Wir hätten auch den ganzen Tag dort verbringen können, aber wir wollten auch draußen einen Eindruck von der Stadt gewinnen. Mit dem Stadtplan in der Hand führte uns ein Spaziergang entlang des Arnos über die Ponte Vecchio zur Piazzale Michelangelo auf einem Hügel südlich des Flusses. Der Aufstieg ist mühsam, aber lohnenswert. Pünktlich zum Sonnenuntergang waren wir auf der Piazza angekommen und wurden mit einem tollen Ausblick auf die Stadt belohnt.
Hier entstand unser schönstes Erinnerungsfoto an diesen Toskana-Roadtrip:
Piazzale Michelangelo mit Blick auf Florenz
Am nächsten Morgen brachen wir nach San Gimignano auf. Die lanschaftlich reizvolle Fahrt führte uns nach recht kurzer Zeit über Landstraßen in das kleine befestigte, mittelalterliche Städtchen. Wir gelanten schnell in’s Herz der Stadt, der Piazza della Cisterna, aßen bei dem bekannten „Dondoli“ ein leckeres Eis und wanderten dann durch die Straßen der Stadt. Nach dem Mittag brachen wir wieder auf - Richtung Volterra.
Auf der Fahrt hielten wir immer mal wieder an. Die Aussicht war toll. Volterra wurde inmitten einer fantastischen Hügellandschaft auf Tuffstein erbaut und ist bekannt als „Stadt des Alabasters“. Das Kunsthandwerk prägt das Stadtbild. Weltweit bekannte Sehenswürdigkeiten mag die Stadt nicht besitzen, aber sie ist ein schönes toskanisches, mittelaterliches Städtchen mit dem ältesten Rathaus der Region auf der Piazza dei Priori und es hat Spaß gemacht, durch die Stadt zu flanieren und in einige der zahlreichen Alabaster-Werkstätten hinein zu sehen. Gegen Abend machten wir uns dann auf den Weg zu unserem Nachtquartier in Pomarance.
Die Fahrt durch endlose Hügellandschaften und über zahllose Serpentinen führte uns schließlich zum B&B „Castello Nagy“, einem mittelalterlichen Schloss auf einem Hügel mitten im Nirgendwo, in der Nähe von Pomarance. Wir wären gerne länger geblieben. Die Aussicht war phänomenal, die Atmosphäre einmalig.
Am nächsten Morgen führte uns unser Roadtrip auf einsamen Straßen, durch eine idyllische Landschaft nach Siena und dort direkt zum zentralen Dom Santa Maria della Scala. Prächtig und wegen der prägenden Farben schwarz und weiß außergewöhnlich ist der Bau. Nachdem wir den Dom besichtigt hatten, spazierten wir zur Piazza del Campo. In natura sieht die zum Rathaus hin abfallende Piazza mit dem ungewöhnlichen Ziegelsteinpflaster und der Fonte Gaia noch viel beeindruckender aus als auf Bildern. Eine wirklich schöne Stadt.
Von hier aus fuhren wir nach Montepulciano. Landschaftlich war diese Autofahrt das Highlight unseres Roadtrips, denn sie führte uns durch das Val d’Orcia, ein weitläufiges Tal, das zum UNESCO Welterbe zählt.
Piazza Grande
Eine hügelige, toskanische Postkarten-Landschaft geprägt von Weinbergen, Olivenhainen, verlassenen Gehöften und Zypressen. Es war einfach schön, mit dem Auto durch die Landschaft zu fahren, die Fensterschreiben herunter, mit allen Sinnen wahrzunehmen, hier und dort anzuhalten. Glücklicherweise sollten wir hier noch einmal durchreisen, denn nun wartete schon das nächste Reiseziel auf uns.
Zunächst checkten wir in Montepulciano im B&B „Guesthouse Via di Gracciano“ ein. Wieder ein Glücksgriff. Von allen kleinen, mittelalterlichen Städten in der Region, die wir besucht hatten, hat uns diese am meisten begeistert. Die Stadt mit ihrer durchgängigen Stadtmauer ist wie ein kleiner, idyllischer, abgeschlossener Kosmos. Man kann die Stadt auf einem kurzen Spaziergang komplett durchqueren und es macht Spaß, die gepflasterten Gassen zu durchstreifen. Das Caffé Poliziano gilt unserer Meinung nach zu recht als schönstes Café der Toskana. Wo sonst kann man auf einem Balkon mit Blick auf die toskanische Landschaft kleine Eis-Meisterwerke genießen. Auf unserem Abendspaziergang stießen wir dann schließlich noch auf den aus den Twilight-Filmen bekannten Brunnen auf der Piazza Grande und fanden in der Nähe ein kleines Ristorante, wo wir unser Abendessen in dieser herrlichen Umgebung genießen konnten.
Am frühen morgen begaben wir uns dann auf den Weg nach Pienza, wieder durch das schöne Val d’Orcia. Wir spazierten durch die Innenstadt von Pienza, die zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, und nahmen auf einer der schönen und trotz vieler Besucher angenehm ruhigen Piazzen unser Frühstück ein. Gegen Mittag führte unser Weg zur nächsten Stadt abermals durch das Val d’Orcia.
Die letzte Etappe unseres Toskana-Roadtrips war Montalcino. Das Städtchen ist ein weiteres Beispiel für die vielen kleinen, reizvollen mittelalterlichen Städte der Toskana, das wir aber (trotzdem) mit einem kurzen Besuch würdigen wollten. Da Montalcino für seinen „Brunello di Montalcino“ berühmt ist, haben wir auf unserem Spaziergang natürlich auch in den zahllosen Weinläden der Stadt probieren können.
Abtei Sant'Antimo
Unsere Reise sollte nicht in der Toskana enden. Mit dem Auto fuhren wir schließlich noch nach Rom, aber über die Autobahn. Praktisch auf dem Weg und ganz in der Nähe von Montalcino, nahe Catelnuovo dell’Abate, liegt die Abtei Sant’Antimo. Spontan entschlossen wir uns, einen Abstecher dorthin zu machen. Der Beschreibung des Reiseführers als Ort magischer Schönheit konnten wir nicht widerstehen. Es hat sich gelohnt. Die Abtei inmitten einer typischen Toskana-Vegetation ist tatsächlich ein Postkartenmotiv. Der Ort strahlt Ruhe aus. Hier kann man wunderbar Rast machen. Glücklicherweise konnten wir auch das Innere der Basilika besichtigen und es ist tatsächlich „magisch schön“, wenn das Sonnenlicht durch die schlitzartigen Fenster einfällt. Dieser Abstecher war ein würdiger Abschluss für unseren Roadtrip.
Krönender Abschluss der Reise wäre gewesen, wenn die Postkarten, die wir in jedem Stopp unseres Trips nach Hause geschickt hatten, nicht nur teilweise angekommen wären, aber wir werden diese Reise und ihre Stationen sowieso nie vergessen.