Dublin – Airport. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen machte ich mich auf den Weg zur Autovermietung. Ich hatte den kleinsten Mietwagen gebucht, den es im Angebot gab - natürlich mit Automatik. Der drohende Linksverkehr bereitete mir schon genügend Sorgen. Da wollte ich vermeiden, noch Gehirnzellen für die Handhabung des Autos aufwenden zu müssen. Die Dame am Schalter der Autovermietung am Flughafen Dublins begrüßte mich freundlich, zwitscherte etwas von einem kostenlosen Upgrade, schob mir einen Autoschlüssel über die Theke und bat mich, sie nach draußen zu begleiten. Wortlos folgte ich ihr, während die Gedanken in meinen Kopf um ein Thema kreisten – Vollkaskoversicherung. Mein Unwohlsein mauserte sich langsam zur Angst.
Bunte Häuser in Dublin, Irland
Sonnenuntergang in der Altstadt von Dublin
Die Mitarbeiterin des Mietwagenservices führte mich zu Stellplatz 35, wies lächelnd auf das dort abgestellte Auto, wünschte mir eine schöne Reise und ging. Ich starrte auf den Wagen und schluckte. Mit Herzklopfen drückte ich auf den Schlüssel. Einem Klacken folgten blinkende Rücklichter. Eine Luxuskarosse stand vor mir. Riesig. Nagelneu. Mit diesem Wagen sollte ich im Linksverkehr durch enge irische Straßen fahren. Aus Angst wurde Panik.
Ich verstaute das Gepäck und stieg ein – auf der linken Seite. Als ich sah, dass das Lenkrad fehlte, rollte ich mit den Augen, stieg aus und auf der anderen Seite wieder ein. Alles fühlte sich falsch an. Ich atmete tief durch und programmierte die Adresse des Hotels, einer traumhaften Unterkunft direkt am Meer, ins Navi. Die deutschsprachige Frauenstimme, die mich durch das Menü führte, klang beruhigend vertraut – Lisa. Bevor ich den Startknopf des Wagens drückte, legte ich die Stirn auf das Lenkrad und begann, mit dem Auto zu flüstern: „Also, Lisa, Süße, Du hast erst sieben Kilometer runter. Wir haben also fast die gleichen Erfahrungen mit irischen Straßen und dem Linksverkehr. Wir sind beide nervös, aber wir beiden Mädels schaffen das!“ Ich erhielt stumme Zustimmung.
In der ersten Stunde war ich ein lebendes Verkehrshindernis. Ich schlich durch die Landschaft und blinkte mehrfach mit dem Scheibenwischer. Vor dem ersten Kreisverkehr überlegte ich fast zehn Sekunden, in welche Richtung ich einfahren musste. Das übersichtliche Verkehrsaufkommen und die kleinen Straßen, auf denen es weder Links noch Rechts, sondern nur Mittig gab, erleichterten mir die Eingewöhnung. Ohne besondere Vorkommnisse tuckerte ich durch die Natur. Die unendlichen Nuancen von Grüntönen nahmen mich gefangen und entkrampften meinen Griff um das Lenkrad.
Mietwagenfahrt an der Küste Irlands
Mit dem Auto durch die Landschaft Irlands
Plötzlich tauchte in meinem Augenwinkel etwas Weißes auf. Ich zuckte zusammen und trat in letzter Sekunde auf die Bremse. Das ABS zitterte unter meinen Füßen. Der Wagen kam einen halben Meter vor zwei Schafen, die völlig tiefenentspannt auf die Straße trotteten, zum Stehen. Das Herz schlug mir bis zum Hals, während die Schafe sich nicht mal umsahen. Mir wurde klar, die Herausforderung im irischen Straßenverkehr war nicht das Fahren auf der falschen Seite, sondern „wilde Tiere“, für die Verkehrsregeln keine Rolle spielten.
Schafe auf einer Straße in Irland