Bedeckter Himmel, Abenddämmerung im Sommer 1993, am Grenzübergang von Litauen nach Polen. Wir starrten zu dritt auf den alufarbenen, wannenförmigen Anhänger unseres Vordermannes. Der Wind wehte den beiden Kontrolleuren so stark durch die Haare, dass sie sich aufbauschten. Mit ihren großen Taschenlampen leuchteten sie in ein Geflecht von rosa Schweinebeinen. Sie tauchten hinab, um dann enttäuscht wieder hervorzukommen.
Endlich fuhr unser Vordermann mit seiner sonderbaren Fracht weiter. Wir hatten vor gut einer Viertelstunde einem Grenzpolizisten die Reisepässe gezeigt – nebst einer kleinen Aufmerksamkeit von jeweils zwanzig Dollar und einer großen Flasche Champagner.
Die Kurische Nehrung in Litauen
Wir verspürten Erleichterung, als uns der Kontrolleur auf der linken Seite mit der Kelle durchwinkte. Unser Fahrer, mein damaliger Freund, gab Gas und schaltete schließlich in den höchsten Gang. Unser kleines Auto brummte zuverlässig. Wir erinnerten uns an den Hinweg, als der Motor mitten in Polen auf einer Baumallee bei strömenden Regenwetter ausging. Meine Freundin tupfte mit einem Papiertaschentuch die Kontakte der Autobatterie trocken und der Motor sprang wieder an. Seitdem hatte unser kleines Gefährt keine Probleme mehr. Wir hatten zwei Wochen Sonnenschein auf der Kurischen Nehrung mit endlosem Sandstrand und reisten nun sorglos nach Hause.
Auf einmal bemerkten wir, wie uns ein Polizeiauto mit blauem Blinklicht und Sirene verfolgte. Unser Fahrer verlangsamte das Tempo und fuhr rechts ran. Hatten wir das Durchwinken missverstanden?
Der Polizist überholte uns, fuhr ebenfalls rechts ran und stieg aus. Sein Blick war ernst. Er kam zur Fahrertür und durch das heruntergekurbelte Fenster sagte er uns auf Russisch, dass der Fahrer auszusteigen hätte. Zum Glück konnte meine Freundin Russisch. Doch als unser Fahrer die Tür öffnete, hörten wir ein Klicken der Pistole. Der Polizist hatte seine Waffe entsichert. Uns dreien wurde mulmig. Was-wäre-wenn-Szenarien flirrten durch unsere Köpfe. Meine Freundin und ich beobachteten durch das linke Seitenfenster, wie unser Fahrer breitbeinig angelehnt am Auto stand und abgetastet wurde. Nach einigen Minuten der gründlichen Untersuchung stieg unser Fahrer schreckensbleich wieder ein. Wir waren sprachlos vor Schreck. Erst nach einer Stunde Autofahrt fanden die Worte wieder ihren Weg zu uns. Das war die gefährlichste Autofahrt meines Lebens.