Im Juni 2016 waren wir aus Anlass unseres 1. Hochzeitstages auf einem Roadtrip im Osten der USA und haben dort sowohl einige Freunde als auch meine Gastfamlie getroffen, wir hatten eine wirklich gute Zeit.
Los ging es zu dritt - das waren Ashley von meiner Gastfamilie, mein Mann und ich (Raphaela) - mit Ashleys Auto in das knapp zwei Stunden (von Philadelphia ca. 150 km) entfernte Amish Country.
Wir fuhren über die Interstate und bekamen trotzdem einen tollen Einblick in die sich wandelnde Landschaft. Die Umgebung wurde immer ländlicher und die letzten Kilometer sahen wir nur noch sehr weit voneinander entfernte Bauernhöfe – wir waren im Amish Country angelangt.
Immer wieder kamen uns auch die bekannten Pferdekutschen entgegen, die ja für die Amischen das Hauptverkehrsmittel darstellt. Das kennt man ja eigentlich bereits aus den Fernsehberichten über die Glaubensgemeinschaft.
Ashley wusste wirklich viel über die Amischen und teilte ihr Wissen gerne mit uns. Sie erzählte uns, woran man eine Amish Farm erkannte (keine Stromkabel führen zum Haus) und die Unterschiede zwischen Amish und Mennoniten (Mennoniten sind etwas offener im Umgang mit Fremdem und sie tragen auch andere Kleidung).
Pferdekutsche der Amish
Amish Farm
Wir fanden das beide super interessant und so entschieden wir uns zum Besuch eines typischen Amish Hauses mit der dazugehörigen Farm. Natürlich ist das eine Touristenattraktion (9,50 USD pro Person), denn die echten Amische lassen sich ja nicht fotografieren. Aber so bekommt man einen Einblick in ihr Leben und ihre Traditionen. (Das Amish House & Farm hat täglich von 10:00 bis 16:00 Uhr geöffnet.)
Nach dem geführten Rundgang durch das Haus, bei dem wir viel Neues erfuhren, durften wir uns auf dem Außengelände frei bewegen. Dort gab es verschiedene Stationen, die von Tafeln erklärt wurden.
Es gab z.B. eine Holzwerkstatt, ein Tabaklager, ein paar Tiere und sogar eine eigene Schule für die Amish, die man besichtigen konnte. Aber erst einmal spielten wir eine Partie Dame. Vasco gewann natürlich.
Der Besuch der Schule fand ich besonders interessant, denn man konnte die anwesende Mennonitin Katie Beiler (76 Jahre alt) nach vielen Hintergründen fragen. Ich konnte auch einen Blick in die Schulbücher mit dem Pennsylvania Dutch werfen.
Sie erzählte uns auch über ihre Reise im Jahr 2012 in das Heimatland ihrer Vorfahren in der Nähe von Stuttgart. Sie hat viel über ihre Vergangenheit gelernt und auch wieder mehr Deutsch gelernt.
Wir haben einen wirklich interessanten Besuch im Amish House & Farm verlebt und langsam stellte sich gegen 14:30 Uhr der erste Hunger ein. Also entschieden wir uns (natürlich erst, nachdem wir alles gesehen hatten) zur Weiterfahrt in das Restaurant Good’n Plenty in Smoketown, welches Ashley bereits früher besucht hatte und absolut empfehlen konnte.
Wir zahlten einen Einheitspreis in Höhe von 20,50 USD (dank meiner Coupons 2 USD pro Person eingespart) und erhielten dafür eine All-You-Can-Eat Mahlzeit allerhöchsten Kalibers – inklusive Vorspeisen, Hauptspeisen, Desserts und alkoholfreien Getränken (Wasser, Cola, Ice Tea).
Wir nahmen an einer langen Tafel Platz und dank des Hin- und Herreichens des Essens war das Eis zwischen den einzelnen Gästen am Tisch sofort gebrochen und wir hatten ein wunderbar unterhaltsames Mittagessen.
Erst gegen 16:00 Uhr erhoben wir uns schweren Herzens (und Magens) von unseren Plätzen, denn wir wollten uns noch den berühmten Farmer’s Market in Bird-in-Hand (ich liebe diese süßen Ortsbezeichnungen der Amish) besuchen.
Farmer’s Market
Gebäck Shoofly Pie
Der Markt war in einer Halle untergebracht und war nur einige Fahrminuten vom Restaurant aus entfernt. Wir liefen einmal durch die Hallen und entdeckten wieder die typischen Waren, die überall in den USA geschätzt werden: lokale und in Bioqualität produziertes Obst, Gemüse, Gebäck (z.B. der typische Shoofly Pie), Marmeladen, Käse, Wurst und Fleisch. Aber auch selbst Hergestelltes aus Holz und Metall wurde hier angeboten.
Aber, was noch viel interessanter als der Farmer’s Market war, befand sich genau auf der anderen Seite der Hauptstraße: es fand ein Yard Sale statt, bei dem alte und historische Gegenstände (Möbel, Werkzeuge, Transportmittel etc.) von den Amish an willige Amerikaner verkauft wurden.
Das war ein Spektakel, das sich wirklich gelohnt hatte. Man musste keinen Eintritt zahlen, sondern konnte sich direkt unter das Volk mischen. Dabei bekam man viel mehr von den Amischen und ihrem Leben und Arbeiten mit als in jedem Museum der Welt.
Es wurde lautstark geboten, überboten und dann voller Glück und Zufriedenheit die verkauften Waren in der Schubkarre zu den Autos der Käufer gekarrt. Wir konnten uns gar nicht trennen und fühlten uns wirklich wie in einer anderen Welt.
Erst gegen 17:00 Uhr traten wir dann den Heimweg an, zum Glück noch rechtzeitig, bevor der Regen runterkam. Auf dem Weg stoppten wir noch kurz, um uns mit dem Ortseingangsschild zum Dörfchen „Intercourse“. Das Schild war total hinter Bäumen versteckt. Ist den Amish da etwa etwas peinlich?
Gegen 19:00 Uhr kamen wir wieder in Cherry Hill an und mussten uns nach zwei erlebnisreichen Tagen in Philadelphia und Umgebung von Ashley verabschieden. Wirklich ein interessanter Road-Trip!